ENTGLEISTE JUNGS

Hinter Gittern / Dokumentation:

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Insasse Konrad sitzt wegen schwerer Körperverletzung und Raub. Seit September 2013 lebt er hinter Gittern – in der Jugendanstalt Neustrelitz im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte. Er ist bereits zum zweiten Mal hier. Einer von insgesamt 160 jungen Straftätern im Alter von 14 bis 27 Jahren. Wer hier landet, wird nicht nur weggesperrt. Gerade bei solch jungen Straftätern versuchen die Justizvollzugsbeamten viel, um sie wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Der Umgang ist weniger rau, eher persönlicher und verständnisvoller.

Sozialpädagoge Steffen Bischoff betont immer wieder: „Ich begegne jedem mit Wertschätzung und Respekt, egal was er gemacht hat“. Viele von ihnen sind Scheidungskinder, ein Großteil wurde ins Heim gesteckt. Insasse Konrad entgleiste als seine Mutter mit ihrem neuen Partner in eine andere Stadt zog. Da war er 15 Jahre alt. Seine Eltern hatten sich gerade getrennt. „Wer Probleme hat, macht auch welche“, so Steffen Bischof. Die Ausbildung steht in der Jugendanstalt im Vordergrund, weil die Arbeit auch nach der Entlassung Strukturen schafft.

Mitgefühl und Zuneigung

Die Jugendlichen haben mehrere Bereiche zur Auswahl: Holz, Metall, Hauswirtschaft, Garten- und Landschaftsbau, Küche. Sie können sogar einen Berufsvorbereitungskurs zum Tierpfleger machen. Auf insgesamt 155.000 Quadratmetern Fläche war noch genug Platz für mehr als 110 Tiere: Kaninchen, Pferde, Ziegen und riesige Wollschweine. Die Tiere sollen bei den Straftätern Mitgefühl und Zuneigung erwecken. Viele haben das in ihrer Kindheit und Jugend nur selten gefühlt. Insasse Konrad geht zwei Mal die Woche wieder zur Gefängnisschule. Susanne Jonas unterrichtet ihn im Fachbereich Garten- und Landschaftsbau. So einfach seinen Unterrichtsstoff wie draußen durchziehen, kann sie hier nicht. Oft gibt es Tage, da sind die Jugendlichen schlecht drauf und abwesend. Dann fragt sie nach oder hört einfach nur zu.
Selbst den Härtesten kommen die Tränen

Insasse Konrad weiß, dass er draußen nur eine Chance hat, wenn er seine Aggressionen in den Griff bekommt. Einmal die Woche holt Steffen Bischoff Gewaltstraftäter zu sich ihn seinen Kurs: zum Antiaggressivitätstraining. Er treibt die Jugendlichen bis an ihre Grenzen, provoziert sie, um zu testen, inwieweit sie sich unter Kontrolle haben. Diesmal soll Insasse Konrad nachstellen, wie er seinem Opfer ins Gesicht getreten hat. Am Ende soll er selber das Opfer spielen. Selbst den Härtesten kommen da die Tränen. Aber nur wer sich seine Schuld eingesteht, kann neue Wege gehen.
Zeit, Verständnis und Motivation

Insasse Konrad hätte sich von seinen Eltern mehr Gespräche gewünscht, Zeit, Verständnis, nicht nur Vorwürfe oder Gebrüll. Das, was da in seinem Leben jahrelang versäumt wurde, müssen die Mitarbeiter der Jungendanstalt Neustrelitz nun aufholen. Sie müssen die Jungs immer wieder motivieren, ihre eigene Niedergeschlagenheit überspielen, wenn es draußen wieder einer nicht geschafft hat. „Insgesamt sind die meisten hier, weil sie, genau wie wir, auf der Suche nach Respekt und Achtung sind“, so Steffen Bischof.

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